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México, 9. März 1923

Mein lieber Freund Fröhlich!

Ich erhielt Deine frdl. Zeilen vom 18. Januar und 15. Februar und es ist zwar schade, dass bei der Umwechslung der Dollars ein ungünstiger Kurs heraus kam, aber das lässt sich nicht voraussehen und man muss sich damit abfinden. Hätte ich hier Mark gekauft und diese nach dorten geschickt, so wäre es noch schlimmer gewesen. Eine Nachvergütung zu machen an Frau O. ist nicht nötig, denn ich habe inzwischen zu ihrem Geburtstag einen weiteren Check nach ihrer neuen Heimat Frankenhausen geschickt und zahle ihren Unterhalt direkt von Berlin aus. Die 3 Damen wohnen zusammen in einem Haus, das ich in Fran­kenhausen bauen liess, was eine der Glanzleistungen unseres ersten Berliner Prokuristen war. Für das Geld, was dieser in­fame Hausbau schon gekostet hat, hätte ich in Berlin eine Villa kaufen können, d.h. ich habe für die Firma eine gek­auft, damit ein anderer un­serer Prokuristen, der im October nach dorten ging, gleich Woh­nung habe. Die kostete in Berlin bei doppelter Grösse nicht mehr als mein Haus in Frankenhau­sen! Das sind Finanzgenies!

Anbei sende ich Dir für Dein Franzel die neuen amerikanischen Werte, bis jetzt sind nur 4 herausgekommen. Auch noch eine der hier seltenen 2 Dollarmarken der USA.

Zur Vermeidung von Missverständnissen bemerke ich bezügl. des Berliner Guthabens, dass wir in Deutschland keinerlei Gutha­ben unterhalten. Es ist eine Krediteröffnung, denn wir können bei der Deutsch-Südamerikanischen Bank das ziehen, was wir brauchen in Deutschland und der Gegenwert wird in Dollars nach der hie­sigen Filiale der Bank aufgegeben zur Belastung auf unser hie­siges Konto.

Dass die Sache Alverdes noch nicht erledigt ist, ist schade. Ich verstehe die Schwierigkeiten und bedaure, dass Alverdes ein solch langweiliger Kerl ist, der sich nicht zu helfen weiss. Ich habe mich schon sehr darüber geärgert. Glaubst Du, dass diese Herrschaften es nicht mal der Mühe wert hielten, mir auch nur eine Zeile wegen der von Dir gemachten Zahlungen zu schrei­ben? Das Ende vom Lied wird sein, dass noch ein Krach kommt, resp. man lässt mich links liegen und schimpft über mich. Das hat man davon. Allzulange möchte ich den Kre­dit nicht offen lassen, denn ich wünsche nicht, dass das Geld mittels Jammer­briefen bei Dir abdisponiert wird. Es ist nur für die Basis ei­nes Lebensunterhaltes bestimmt, und ich bitte Dich, auf Jammer­briefe nicht zu reagieren. Es ist besser, Du sagst überhaupt nichts von dem Kredit, sondern wenn etwas Passendes vorliegt zum Kauf, sagst Du, Du würdest telegrafie­ren.

Was das Kupplungspatent angeht, so schrieb damals ein anderer Herr, dessen Namen ich nicht erinnere, an mich. Ich gab den Brief an Herrn Klentsch (ein Zweibrücker) weiter und sprach mit ihm, er möge direkt mit dem Interessenten verhandeln. Hof­fentlich hat er das getan. Grosse Aussichten schien die Sache nach Klentsch’s Ansicht nicht zu haben. Ich selbst ver­stehe da­von natürlich nichts.

Mit Vergnügen habe ich Deiner Anregung wegen einer goldenen Kette entsprochen, und die hiesige Firma Schreiber & Co Sucs gebeten, durch ihr Stuttgarter Stammhaus Geo Ehni & Co Dir eine passende Kette zuzusenden, die hoffentlich Deinem Ge­schmack entspricht. Trage sie als kleines Andenken an einen alten Freund. – – – Und das alt ist in doppelter Hinsicht gerechtfer­tigt, bin ich doch im Januar schon 50 geworden und übermorgen sind es 28 Jahre, dass ich in unsere Firma ein­trat. Eine lange Zeit, reich an Enttäuschungen, aber Gottlob auch reich an Er­folgen. Es ist eine lange und dornenreiche Bahn gewesen vom letzten Stift zum Hauptchef zu kommen, wenn mir auch in Bezug auf Kapital die anderen 3 Socii bedeutend über sind. Aber ich will damit nicht klagen: ich hätte es mir früher nicht träumen lassen, dass ich einmal ein so nettes Ka­pital haben würde. Al­lerdings musste ich es erst in den letzten Jahren wieder her­stellen, denn wir hatten enorme Verluste durch Papiergeld, Krieg etc.

Aus der geplanten Weltreise wird dieses Jahr wieder nichts, denn ich kann es nicht verantworten, so hohe Geldaufnahmen zu machen, wie das die Reise erfordert. Die 3 Billets ab San Fran­cisco bis an Genua oder Neapel kosten allein ca 17000 Dollars ohne Extraspesen und Getränke, Ankäufe etc. Dann fehlt noch die Reise Mexico-San Francisco und Italien via Deutschland etc. wieder hierher, also muss man gegen 25000 Dls rechnen. Das geht heute nicht, wo ich in Bezug auf Wohl­tätigkeit im letzten Jahr recht bedeutende Beträge ausgegeben habe. Auch machen die Eng­länder noch Schwierigkeiten bei der Durchreise durch ihre Kolo­nien und die allgemeine Lage dorten kann Einen nicht animieren.

Für heute schliesse ich mit besten Grüssen an Dich und Deine liebe Familie und den herzlichsten guten Wünschen stets

Dein alter Freund!
C. Reichert