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WUPPERMANN & CO.
Fabricantes y Exportadores
Manufacturers and Exporters
Teleg.: Albertulus, Düsseldorf
ABC Code

Düsseldorf, 17. Januar 1895
(Alemania)

Mein lieber Fröhlich!

Sie werden auch denken: Au, ein langer Brief!!

Entschuldigen Sie, dasß ich erst heute zur Beantwortung Ihrer Postkarte komme; ich habe mir aber dieselbe aufgehoben, bis ich genügend Zeit hätte, eingehender schreiben zu können. Die Geschäfte sind also w. f.: H. Jul. Albert ist Chef obiger Exportfirma W. & Co., die Eisenwaren (Säbel, Nägel, Schrauben, Messer, Emailwaren etc.) nach Guayana, Columbia & Venezuela exportiert. Außerdem kauft H. Albert aber auch unter seinem Namen Seidenwaren, Litzen, Tressen, Fächer, Agréments, Nadeln u.s.w. für sein Haus Julio Albert y Co. sucs. in Mexiko ein und sendet dieselben herüber. Die beiden Geschäfte sind in einem Lokal zusammen, und arbeitet man einmal für W. & Co. und einmal für Jul. Albert, wie man Zeit hat.

Ich habe meistens für letztere Firma zu thun und zwar ganz gehörig; viel mehr als bei O. & C. Meine Arbeit ist eben folgende: ich schreibe die Cabelaufträge nach den Cablegramms in ein Commissionsbuch (wir haben ein eigenes Code-Lexikon, worin jeder Artikel in jeder Qualität und in jedem Quantum ein Schlüsselwort hat). Es ist eine heillose Arbeit, so ein Cablegramm von 20–25 Worten (à 2,65 !!) zusammenzubringen! Dann wird bestellt bei bestimmten Lieferanten in England, Frankreich, Schweiz, Österreich, hauptsächlich aber in Barmen & Elberfeld. Wir haben da zu allem vorgedruckte Formulare und man kann da so 30–40 Briefe je Tag bewältigen, wenn man sich ins Zeug legt. Die Waren gehen alle (mit Zink-Kisten) nach Hamburg, (die von England nach Liverpool) (W. & C. expedieren ab Rotterdam und Antwerpen für Venezuela). Am 9. + 24. laufen immer die Läufe nach Centralamerika. Unser Spediteur gibt uns dann zeitig an, was das ist,i und wir stellen dann Consulatsfaktura + Zolldeklarationen aus (spanisch). Diese Sache ist schauerlich difficil.

Jede Ware muß genau nach dem max. Zolltarif benannt sein. Gewichte und Zeichen ohne jeden Schnitzer. Der geringste Bock zieht Ordnungsstrafen nach sich, die oft den 7–10 fachen Wert der ganzen Ware übersteigen. Passiert uns einmal so was, so kommt eine Nota de multa de aduana (Zollstrafnota) von Mexiko, die wir dann zu blechen haben. Der Arme bekommt dann elend auf die Hosen. Die Frachtverhältnisse sind schauerlich. Es geht dies nicht nach Gewicht, sondern Cubikinhalt. Derselbe muß in englischen Cubikfuß und -linien angegeben sein, und die Fracht beträgt dann 27 sh 6 und 40 Cubikfuß englisch. Die Rechnerei! Mit den miserablen Währungen hat man auch schon zu rechnen, da alle Konti in zwei W. geführt werden müssen. Die Kunden bekommen dann alle Semester Banquiers, Kontokorrente (die vor roten Zahlen starren, da 6. Mt. Ziel gewährt werden). Es ist dies eine gewichtige Arbeit. Ich habe dieselbe dieses Jahr auch gemacht – es waren ca. 90–100 Stück! Ich habe 5 Tage daran geschanzt. Dieselben werden nach Mexiko in $, nach Venezuela in Pesos, nach Trinidad & Demerare in Pfund, nach Columbia in Frcs ausgestellt, teils spanisch, teils englisch.

Bis Sie sich da die Ausdrücke angeeignet haben! Und dann die Rechnerei in englischer Währung! Es war zum Verrücktwerden. Eben habe ich eine „schöne“ Arbeit. Wir haben voriges Jahr eine bedeutende Firma mit Act[iva]und Pass[iva] in Carácas übernommen & wird hier auch ein Hauptbuch geführt! Bisher kam von dem Procuristen jeden Mt. Journal-Auszug & nun habe ich den Auftrag, das Hauptbuch anzulegen & beizutragen. Man kann dabei viel lernen, da es in spanischer Sprache geführt wird. Wir haben hier die Einrichtung der amerikanischen Journal mit nebeneinanderliegenden Conten. Dadurch, dasß es 2 getrennte Geschäfte sind, ist die Bücherei eine sehr complizierte & muß man riesig acht geben. Von dem angenehmen Amt uns. Stifts können Sie sich einen Begriff machen, wenn ich Ihnen sage, daß derselbe immer gleichzeitig 11 (elf!) verschiedene Copierbücher hat. Denken Sie sich einmal die Herren bei O. & C., wenn dieselben 2 nicht auseinanderhalten können! Überhaupt wäre es für Manchen gut, wenn er einmal eine solche Tour hier durcharbeiten müßte. Ich habe Anfangs fast den Mut verloren, so neu und großartig war mir Alles. Es war auch deshalb schlimm, weil uns[ere] Herren (7 St.) sehr exclusiv sind und mir alle Arbeiten zuschoben, ohne eine Erklärung zu geben. Jetzt geht es besser & herrscht ein netter Ton hier auf dem Contor. Sie können mit dem Prokuristen sprechen, wie mit Ihresgleichen. Sie können Mittags bis 3 Uhr gemütlich beim Arbeiten eine Cigarre schmauchen. Um 4 Uhr gibt es allgemeine Kaffeevisite auf Geschäftskosten und wird auch hierbei geraucht. Wenn nicht viel zu thun ist, könnte man gut 1 Stunde beim Café sitzen. Aber eben ist davon leider keine Rede! Im Geschäfte ist Alles fein eingerichtet und Sie können sich Utensilien anschaffen, was Sie wollen. Heute habe ich auch nach Salzuflen wegen Tintentod geschrieben.

Doch nun genug von dieser Sorte! Wie geht es bei Euch? Ich erwarte die versprochenen Details baldigst. Grüßen Sie alle! H. Schneider, Abele, Ruppel, Ruppenthal, Jung, Lindemann, Orth und Lang und Johann, Wolff, Eckels. Sämtlich! m’avez vous Compris [sic]? Herr Schneider interessiert sich vielleicht auch für unser Handwerk? Sie können ihm den Brief zu lesen geben.

Ich werde wahrscheinlich vor Ende Februar nicht absegeln, da unser einer Chef nach Venezuela fährt und es dann noch mehr Arbeit gibt. Sonst gefällt es mir ganz gut hier, namentl. da ich eine gute Pension gefunden habe. Auch sonst bietet D[üssel]dorf sehr viel, wenn man Zeit und Lust zum Ausgehen hat.

Ich muß nun wirklich schließen und verbleibe Ihren umgehenden Nachrichten entgegensehend

Ihr K. Reichert

Grüßen Sie vielmals die Herren J. & C. Ottmann, Frau Ottmann und Arthur und Ludwig!

Wiederholt D. O.

Herrn J. Ottmann schreibe ich dieser Tage auf seinen Brief; sagen Sie es ihm gelegentlich! Wie steht Ihr mit Gitsels, Hier?ii 

Könnten Sie mir nicht 2–3 Hoffmanns Schreibmappen als Drucksache schicken? Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür!!

[i] wohl verschrieben für: was da ist.  [ii] eine andere Lesart ist nur schwer möglich