México, 24 Dez. 1928
Mein lieber Fröhlich!
Ich erhielt Deine beiden Schreiben vom 8. Oct. & 5. Dezember & freute mich, daraus zu ersehen, daß es Dir & den ll. Deinen gesundheitlich gut geht. Die geschäftliche Seite ist dorten wenig zufriedenstellend: tröste Dich, hier auch nicht. Es ist ein gräßlich unruhiges Land & immer kommt es anders, als man logischer Weise denken sollte. Es ist ungeheuer schwer, hier in größerem Maßstabe zu operieren, denn wenn man sich herausgetüftelt hat, aus so & so viel Gründen muß das so ausgehen, kommt sicher ein neuer Factor & wirft die ganze Rechnung über den Haufen. Die Ermordung des erwählten Präsidenten war ein Streich, der das Land auf längere Zeit wieder in Unsicherheit brachte. Der Mann taugte nichts, aber da man ihn kannte, so konnte man sich darauf einstellen. Wer jetzt kommt, wissen die Götter. Das ist es, was ich an der republ. Staatsform auszusetzen habe, überall Corruption.
Crusius hat wohl wenig Interesse, & ich habe immer noch keine Preislisten erhalten. Lassen wir ihn halt auf seinen Lorbeeren ausruhen!
Herrn Werntz habe ich auch seit Monaten nicht gesehen, aber als ich ihn zuletzt sprach, war er mit seiner Stellung ganz zufrieden. Es ist ja eigentümlich, daß er an seine Eltern nicht schreibt. Er muß da wohl einen Grund haben. Bei der nächsten Gelegenheit will ich ihm mal auf den Zahn fühlen. Bei dem Wort Zahn fällt mir der Vertreter von Pfaff ein, der kürzlich nach dorten reiste. Er konnte hier eine Agentur einrichten, & ich hoffe, daß sie damit Erfolg haben. Ich habe ein wenig dabei geholfen.
Dr. Kesselring hat mir schon geschrieben. Ich wünschte, ich könnte mehr tun, aber man muß sich auch etwas einteilen. Ich habe in diesem Jahr an Verwandte, Freunde & Dinge, wie Gymnasium, versch. Vereine & sonstige Bestrebungen wieder privatim über 20 000 Mark verpulvert, abgesehen von dem, was unsere Firma leistet & wovon ich selber nochmals am meisten zu zahlen habe, weil ich die höchste Gewinnquote habe. Trotz Allem hat man keinen Dank im Allgemeinen, eher noch Ärger dazu!
Für Ölgemälde ist augenblicklich kein Geld hier. Es gibt eine Reihe mexik. Maler, die ganz Nettes leisten & deren Gemälde einen viel bescheideneren Preisansatz haben, als deutsche. Es war in den letzten Jahren eine Anzahl deutscher Maler hier, die dieses Fiasco machten. Von drüben wird kaum Jemand etwas in Gemälden bringen. Ich selbst habe so viel schon kaufen müssen, das ich nichts mehr unterbringen kann.
Willy Schmidt hat mal an mich wegen Jung-Philipp geschrieben, & ich habe ihm gerne ausgeholfen. Es freute mich sehr zu hören, daß Du ihm einen Posten besorgen konntest. Jung ist ein guter, fleißiger Mann gewesen, allerdings kein Licht.
Wie steht es mit Deinen Bestrebungen mit dem Einkaufskontor? Funktioniert Alles gut? Schreibe mir mal Näheres darüber.
Für heute schließe ich, wiederhole meine besten Glückwünsche für das neue Jahr für Dich & Deine Lieben & verbleibe stets
Dein alter Freund
C. Reichert