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México, 20. October 1922

Mein lieber Fröhlich!

Vielen Dank für Deine frdl. Zeilen vom 25. pti und Deine Bereitwilligkeit, mir in Sachen Alverdes etc. gefällig zu sein.

Von Offenburg habe ich keine Nachricht erhalten, möchte aber keine Zeit verlieren und habe deshalb unser Berliner Haus angewiesen, Dir oder der Firma O & C den Betrag von 1000 Dollars zur Verfügung zu stellen. Hoffentlich kommt dadurch und Deine freundliche ö#berwachung der liebe Schwager in ein richtiges Geleis. Vielleicht hast Du gelegentlich Zeit, mir einige Worte zu sagen, wie die Sache läuft, denn so wie ich ihn kenne, wird er kaum Zeit finden zum Schreiben. Wenn es ihm einigermassen geht, braucht er mich nicht.

Was die Lebensmittelsendungen angeht, so danke ich Dir sehr für Deine Bereitwilligkeit und mache davon Gebrauch, indem ich Dich bitte, an beiliegende Adressen passende Lebensmittel zu senden, deren Auswahl besser Dir überlassen bleibt. Wenn Du etwas Weihnachtsgewürz, Chokolade, Rosinen und dergl. beifügen kannst, ist das angenehm, ebenso vielleicht Schmalz, Kaffé etc. Nun, Du weisst ja, was man da geben kann.

Für diese Sendungen füge ich einen Check über Dls 100.– hier bei auf die Bank of Montreal, Newyork. Solltest Du den Check nicht selbst gebrauchen können, so kannst Du ihn durch die Deutsch-Südamerikanische Bank, Berlin, einziehen lassen oder durch unser Berliner Haus.

An die 3 Adressen lasse bitte 3 Postkarten schreiben mit Versandanzeige und Angabe, dass die Sendung auf meinen Wunsch erfolgt. Alle Auslagen bitte in Rechnung zu stellen. Für Deine Freundlichkeit sage ich Dir recht vielen Dank.

Der junge Hünerfauth schrieb mir heute. Er war auf dem untergegangenen Dampfer Harmonia und kommt nun mit einem andern anfangs November hier an. Ich werde ihm gerne behilflich sein.

Mein Töchterchen reist auch in diesen Tagen drüben ab, und ich erwarte sie Mitte November.

Zu Deinen Ehrenämtern gratuliere ich Dir herzlich. Wenn man dadurch auch viel zu tun hat, so liegt doch eine Anerkennung Deiner Tätigkeit und Bedeutung darin, die Dir Befriedigung gewähren muss.

Für heute schliesse ich und begrüsse Dich als

Dein alter Freund!
C. Reichert

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MEXICO, D. F., 5. Septbr. 1922

Mein lieber Freund Fröhlich!

Ich schrieb Dir unterm 10. Mai, erhielt aber inzwischen keine weitere Nachricht von Dir. Möglicherweise ist mein Brief verlo­ren gegangen. Leider habe ich ihn auch nicht kopiert und kann daher keine Copie nachschicken für den gedachten Fall. Der Hauptzweck meines damaligen Schreibens war, bei Dir wegen mei­nes Schwagers Leo Alverdes, Offenburg, Baden, anzufragen & Dei­nen Rat zu erbitten.
Ich bekomme von meiner Schwester immer Jammerbriefe und habe es mir schon einen hübschen Posten Geld kosten lassen, dem guten Mann etwas zu helfen. Aber bis dato scheint der Erfolg ganz mi­nimal zu sein, denn wenn ich einen Betrag sende und sage, fangt damit etwas an, womit Ihr Euer Leben machen könnt, so höre ich nichts mehr, bis nach einigen Monaten ein neuer Klagebrief kommt. Ich habe jetzt so viele Sachen am Bein, dass ich schon fast die Geduld verloren habe. Eine ganze Anzahl von Verwandten erinnert sich meiner jetzt, und wenn ich auch sehr gerne helfe, so muss ich doch etwas ein­teilen und dann kann nicht Jeder Mil­lionen bekommen. Das Ende vom Lied wird sein, dass man mir das als Knickrigkeit auslegt und es mir verübelt. Aber das geht ja gewöhnlich so. Jeder denkt, ich habe mich über 27 Jahre herum­geplagt, um ausge­rechnet IHM zu helfen. Na, das ist so eine Ge­fühlsexplosion, die Dir nur meinen Standpunkt angeben soll.
Also Leo Alverdes betreffend. Er hat seit Monaten nichts von sich hören lassen und wohl das Kapital, das ich ihm sandte, nach & nach aufgefuttert. Hast Du Dich mit ihm in Verbindung gesetzt? Sollte man ihm nicht einen Tabakladen oder einen klei­nen Kolonialwarenladen aufmachen. Eventuell auch Zuckerbäcke­rei? Das ist, was er, bezw. meine Schwester ver­stehen. Ich wäre conform, ihm dazu noch 1000 Dollars zu ge­ben, aber nur, wenn er etwas unter Deiner Kontrolle anfängt, nicht dass er evtl. sich Dampferbillets besorgt und geht nach Südamerika, denn ich hörte was von solchen Plänen. Bei seinem Alter von ca 50 Jahren geht das unbedingt schief.
Sollte also in diesem Sinn was zu machen sein, so wäre es mir sehr lieb, wenn Du ihm behilflich sein könntest. Vielleicht hast Du etwas Passendes an Hand. Also er versteht Tabak etc. und meine Schwester Conditoreikram. Sie war früher beim Hofkon­ditor Koch am Schillerplatz. Ich wäre Dir dankbar, wenn Du da­bei helfen möchtest, ein gutes Werk zu tun.
Dann habe ich noch ein Anliegen. Ich möchte zu Weihnachten an verschiedene Verwandten, die fast alle im unbesetzten Gebiet wohnen, Sendungen von Lebensmitteln machen. Also Zucker, Kaffe, Linsen, etc., etwas Chokolade etc. Je etwa 25 Dollar. Könnt Ihr das im Geschäft besorgen oder ist es besser, wenn ich mich nach Hamburg wende? Es können etwa 200 Dls zusammen werden.
Ich hoffe, bald von Dir wieder mal zu hören, danke Dir im Vor­aus für Alles und bin mit vielen Grüssen stets

Dein alter Freund & Kampfgenosse
C. Reichert