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den 8. April 1926

Lieber Freund Karl !

Ich habe noch Deinen Brief vom 14. Januar zu beantworten und oftmals habe ich Ansatz dazu genommen, bin aber immer davon ab­gekommen.

In der Zwischenzeit hast Du ja gehört, dass wir mit der be­freundeten Firma C.N. Thomas G.m.b.H. hier eine Interessenge­meinschaft eingegangen sind, und zwar aus dem Grunde, um Unko­sten etc. zu sparen, was heute bei der Wirtschaftskrisis in Deutschland, die wir durchzumachen haben, in erster Linie er­forderlich ist. Wie sich die Sache entwickelt, lässt sich na­türlich noch nicht sagen, aber bis jetzt kommen wir in guter Harmonie mit der Firma aus. Die Lagerräumlichkeiten sind in un­serm neuerbauten Lager Ottmann & Co., während die Büros der Firma C.N. Thomas G.m.b.H., Spittelstrasse vorerst noch unter­gebracht sind. Es ist in Deutschland außerordent­lich schwer im Großhandel geworden, denn viele Einkaufsgesellschaften und Kon­sumvereine haben sich gebildet, deren Hauptbestreben ist, den Großhandel auszuschalten. Dazu kommt, dass ein großer Teil un­serer alten Kundschaft durch die In­flation und Nachkrieszeit vollständig verarmte und nicht mehr in der Lage war, ihr Ge­schäft aufrecht zu erhalten. Du liest ja hoffentlich deutsche Zeitungen und kannst Dir aus den vielen Geschäftsaufsichten (eine Form zur Verhütung des Kon­kurses) sowie aus den Konkursen selbst ein ungefähres Bild machen, wie es in Deutschland aus­sieht. Das Dawes-Gutachten brachte Deutschland eine Belastung, die es auf die Dauer un­möglich tragen kann. In letzter Zeit ist eine Nuance Besse­rung zu konstatieren, weil die Reichsbank den Zinssatz auf 7 % ermäßigt hat, während wir voriges Jahr einen Zinssatz von 14–18 % hatten und vor zwei Jahren sogar bis zu 60 %. Dass dies kein Geschäft und keine Fabrik verdienen kann, wirst Du wohl einsehen.

Ich freue mich aus Deinem Brief zu ersehen, dass es Dir persön­lich und Deiner Familie gesundheitlich gut geht. Meine Kur in Lugano hatte nicht den Erfolg, den ich erwartete, und ich war in letzter Zeit mit den Nerven ziemlich auf den Hund gekommen und erst gestern wieder beim Arzt. Ich will, denke ich, im Mai/Juni in ein Bad gehen und mich mal gründlich er­holen. Über­dies erhoffe ich von dem Frühjahrswetter, das ich fleißig zu Spaziergängen benutzen will, eine Besserung. Am 27. April werde ich 54 Jahre alt, und dass das Alter sowie die schweren Zeiten, die wir durch den Krieg und die Nach­kriegszeit etc. durchzuma­chen haben, sich nicht in die Klei­der setzte, ist wohl ein na­türlicher Vorgang. Wenn erst meine Kinder älter wären (der kleinste Bursche ist jetzt 6 Jahre alt, er kommt dieses Jahr zur Schule), würde ich nicht so sehr am Leben hängen, denn es ist tatsächlich nicht mehr schön in Deutschland. Trotzdem lasse ich die Hoffnung nicht sinken und will weiter mithelfen, soweit es in meiner Kraft steht, am Wiederaufbau.

Die politischen Verhältnisse in Deutschland schreien zum Him­mel. Die Parteien werden nicht weniger, sondern immer mehr und viele Emporkömmlinge und Schieber glauben, eine Rolle spielen zu sollen.

Es tut mir außerordentlich leid, dass Dein Besuch, den Du für den Monat Juni sicher in Aussicht stelltest, wieder unterbleibt. Hoffentlich führst Du denselben doch alsbald aus. Dieser Tage brachte die Frankfurter Zeitung einliegende Notiz über mexika­nischen Besuch in Deutschland und wäre dies doch m.E. gute Ge­legenheit gewesen für Dich, Deine alte Heimat zu besu­chen, um­somehr als Du nunmehr Vorsitzender der deutschen Handelskammer in Mexiko geworden bist und Vorstand der deutschen Kolonie und Schule. Ich gratuliere Dir zu diesen Ehrenposten, die aller­dings ja nichts eintragen, aber Führer müssen sein und es ist besser, hierfür Charaktere als Streber zu haben. An Deinen Söh­nen wirst Du jetzt bald tüchtige Hilfe haben und dann kannst Du es Dir auch bequemer machen. Meine beiden Bu­ben hoffe ich spä­ter nicht ins Geschäft zu nehmen, denn meine Absicht besteht, ihnen ein perfektes Studium geben zu lassen. Mein ältester Bur­sche Franzl ist jetzt in der 2. Gymnasial­klasse und hat ein sehr gutes Zeugnis. Er ist einer der Be­sten in der Schule mit fünf 1er und zwei 2er.

Von unserem Herrn Heger hörte ich, dass Du M 1000.- für den Pfälzer Waldverein gestiftet hast, worüber ich mich sehr freute. Es wird dies vielleicht Anlass sein, dass man Dir von anderer Seite Bettelbriefe schickt, denn Heger sagte mir, dass sich bereits Verschiedene nach Deiner Adresse erkundigt hätten. In dieser Beziehung empfehle ich Dir Vorsicht, wie früher schon meinerseits geschehen, und wenn Du etwas tun willst, kannst Du ja vorher meinen Rat einholen.

Das Buch von Landenberg habe ich, soweit mir die Zeit zur Ver­fügung stand, durchgesehen und fand es sehr gemeinver­ständlich und interessant geschrieben. Heißen Dank dafür!

In der Zwischenzeit wird wohl Herr Kommerzienrat Albert drü­ben angekommen sein und an seinem Sohn hast Du ebenfalls Hilfe. Be­züglich Staatsrat Korn (aus) München habe ich nichts mehr ge­hört. Sein Junge wird wohl dieses oder nächstes Jahr das Gymna­sium absolvieren, und wenn er ihn dann nach Mexiko schicken will, wird er schon Dir oder mir schreiben. Er hat es sehr weit gebracht, denn er ist jetzt Stellvertreter des Ministers. Nur etwas hat er getan, was mir nicht passt. Er soll nämlich seinen protestantischen Glauben abgelegt haben und vor einigen Jahren zum Katholizismus übergetreten sein, um desto rascher Karriere zu machen. Dies aber streng ver­traulich unter uns.

Sonst gibt es in Lautern nichts besonderes Neues. Das Jahr 1925 und 1924 war für die Firma Ottmann & Co. verlustbrin­gend, und oftmals habe ich es bereut, dass ich nicht früher, wie Du, auch ausgewandert bin. Dann hätte man diese schweren Zeiten doch nicht so am eigenen Leib gespürt und könnte mit größerer Beru­higung der Zukunft entgegensehen. Aber trotzal­ledem heißt es, Kopf hoch, denn einmal muss es auch wieder anders werden, und wenn die Alten keinen Vorteil mehr davon haben, dann sind es die Jungen.

In diesem Sinne verbleibe ich heute wie immer mit den besten Grüßen von Haus zu Haus

Dein alter treuer Freund
A. Fröhlich

1 Einlage

27

den 21. April 1923

Einschreiben

Lieber Freund Reichert !

Ich war jetzt beinahe zwei Wochen in München und Nürnberg, wo­selbst ich als Vertreter der pfälzischen Lebensmittel-Großhänd­ler verschiedenen Sitzungen beiwohnen musste. Gestern Abend kehrte ich zurück und fand Deine beiden Briefe vor. In der Zwischenzeit kam auch von Pforzheim die Kette und ich sage Dir meinen aufrichtigen und verbindlichen Dank. Letztere fiel sehr schön aus und wird von mir solange ich lebe in Eh­ren und in gutem Andenken an Dich getragen. Als kleine mini­male Gegenlei­stung schicke ich Dir anliegend einige Aluminium Geldstücke, die bei uns vor einiger Zeit ausgegeben wurden, jetzt aber nicht mehr zu haben sind und als Rarität gelten. Dieselben wer­den in Sammelkreisen sehr gesucht. Ich füge fer­ner ein zweihun­dert-Markstück bei in Aluminium, woran man er­sehen kann, wie arm wir geworden sind. Das Stück wird für Deine Kinder beson­ders Interesse haben, und ich hoffe im Üb­rigen, dass es mir später einmal vergönnt ist, alles wieder gut zu machen und mich weiter erkenntlich zeigen. Was ich bis jetzt für Dich getan habe, geschah gerne, wie ich auch für die Zukunft immer zu Dei­ner Verfügung stehe. Mein Franzl lässt ebenfalls für die Marken vielmals danken.

Wenn Du mich bezüglich eines Hausbaues in Frankenhausen  ge­fragt hättest, dann hätte ich Dir von vornherein schon sagen können, dass dies ein teures Unternehmen gibt, denn man kauft allgemein in Deutschland die Häuser mit einem Multiplikator von 1000 auf den Friedenspreis, eher noch etwas billiger, während beim Bauen in Rücksicht auf die Geldentwertung der Multiplika­tor 5000 bis 6000 und noch mehr ist. Nunmehr lässt sich die Sa­che nicht mehr ändern, aber ärgerlich ist es im­merhin.

Bezüglich Alverdes habe ich nichts mehr gehört und scheint er vorerst zufrieden gestellt zu sein. Ich werde ihm selbstver­ständlich nach Deinen Richtlinien weitere Mittel nicht mehr zur Verfügung stellen und bin selbst interessiert, ob er mir wie versprochen den zuletzt gegebenen Betrag später für Dich wieder übersendet.

Ich freue mich, dass Du im Großen und Ganzen mit Deinem materi­ellen Erfolg zufrieden bist, und wir wären es alle auch ohne we­sentliches Vermögen, wenn wir nur Ruhe und Freiheit hier genie­ßen könnten. Es ist tatsächlich augenblicklich für uns nicht angenehm zum Leben. Aber was uns drückt dürfen wir nicht schreiben, denn es werden hie und da Briefe geöffnet, deshalb muss man sehr vorsichtig sein. Von Kaiserslautern sind ca. 100 Eisenbahner aus allen Chargen, Oberbeamte, Mit­telbeamte, Unter­beamte, mit Kind und Kegel ausgewiesen. Die Leute sind drüben in der Gegend von München, und ich habe ei­nige bei meiner Mün­chener Reise besucht. Es ist ein tiefes Elend und nicht zu ver­stehen, dass das Ausland das alles ru­hig mit ansieht. Dein Va­terhaus steht auch leer, denn der Bahnmeister, der darin wohnte, wurde auch ausgewiesen und so ist es mit hunderten Woh­nungen hier. Vielleicht entschließt Du Dich, nachdem Du Deine Weltreise aufgegeben hast, heuer einmal herüber zu kommen, was ich sehr begrüßen würde. In München habe ich kurz Deinen frühe­ren Schul- und unseren gemeinsamen Freund Herrn Staatsrat Korn beim Kultusministerium gesprochen, und er erzählte mir, dass er mit Dir jetzt auch in brieflicher Verbindung steht, deren In­halt mir jetzt durch Deinen neuen Brief klar geworden ist, worin Du dem hiesigen Gymnasium 1 Million Mark Unterstützung zur Verfügung gestellt hast. Ich habe der Höheren technischen Lehranstalt Deinen Brief weitergegeben. Dieselbe wird sich mit der auch ihr zu­gedachten Stiftung in der Höhe von 1 Million Mark gewiss rie­sig freuen. Es wäre gut, wenn wir viel derartige Deutsche wie Du im Ausland hätten, denn in der Tat gibt es viel zu helfen und die Not ist größer, als irgend jemand glaubt. Un­ser Mit­telstand und Rentnersleute sind vollständig verarmt; viele sterben des Hungers, denn wenn ich Dir sage, dass jetzt 1 Pfund Butter bei uns M 9000.- kostet, 1 Ei M 500.-, 1/2 Liter Milch beinahe M 500.-, 1 Paar Schuhe M 50 000.- bis M 60 000.-, 1 Anzug in einfacher Ausstattung M 300 000.- bis M 400 000.-, 1 besserer Anzug M 800 000.-, dann kannst Du ermessen, wie die Verhältnisse sich gestaltet haben. Ein derartiges Schicksal hat Deutschland nicht verdient. Aber trotzdem hoffe ich, dass, wenn erst einmal die Reparationssumme endgültig festgelegt ist, Deutschland mit allem Fleiß an die Wiederauf­bauung herangeht und in absehbarer Zeit wieder bessere Zeiten sehen wird.

In dieser Erwartung verbleibe ich wie gewöhnlich mit den be­sten Grüßen an Dich und Deine liebe Familie

Dein alter Freund!
A. Fröhlich

24

den 1. 3. 1923

Lieber Freund Karl !

Von Berlin ist vorgestern der 25 Dollar-Scheck angekommen, und ich habe denselben, wie s. Zt. schon angedeutet, dem Oberbürger­meister hiesiger Stadt zur Verfügung gestellt, der mir heute einliegendes Dankschreiben zugehen liess. Ausserdem haben hie­sige Zeitungen eine Notiz lt. Einlage gebracht. Mit dem Geld werden viele Wunden geheilt, und Du hast ein gutes Werk damit getan.

Nunmehr schreibt mir gestern wieder Dein Schwager Alverdes we­gen M 600 000.-, die er benötige für angeblich sehr günstig gekaufte Bürstenwaren. Ich schrieb ihm heute lt. Einlage, dass mir weitere Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen und hoffe, dass Du mit dem Inhalte dieses Schreibens einverstan­den bist. Von Berlin habe ich dafür noch kein Geld angefor­dert und will erst abwarten, was er mir antwortet.

Mit besten Grüssen

Dein Freund
A. Fröhlich

N. B. Aus dem Briefe des Bürgermeisters kannst Du auch erse­hen, wie gross das Elend in Deutschland ist.

Brief an den OB

27. 2. 1923

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!

Wie Ihnen bereits am Sonntag früh avisiert, schicke ich Ihnen anbei Original- und Duplikat-Scheck über

$ 25.- (fünfundzwanzig Dollars)

auf die Equitable Trust-Company of New-York und wollen Sie diesen Betrag zur Unterstützung wirklich Bedürftiger, speziell verschämter Armen hiesiger Stadt verwenden. Es ist dies bei dem heutigen Kurse ungefähr ein Markbetrag von M 550 – 575 000.-. Der Scheck wurde mir von meinem Freund Herrn Karl  R e i c h e r t , i/Fa. Julio Albert y Cia. in Mexico auf mein spezielles Verlangen zugestellt. Herr Reichert ist aus dem Hause Ottmann & Co. hervorgegangen. Ich bitte Sie, mir den Empfang des Scheckes zu bestätigen und vielleicht eine kleine Notiz in die Zeitung zu lancieren. Ich stelle es in Ihr Belieben, einen Teil des Geldes für die Säuglingspflege zu verwenden. Es wäre mir erwünscht, wenn Sie mir ein Dank­schreiben an Herrn Reichert zugehen liessen, das ich ihm dann übermitteln werde.

A. Fröhlich

23

15. 2. 1923

Mein lieber Freund !

Dein Brief vom 23. v. Mts. gelangte in meinen Besitz und ich will mich beeilen, denselben sofort zu beantworten. Deine Verwandten können in der Tat froh sein, die Lebensmittelsendung in der reichen Auswahl von uns empfangen zu haben, denn in der Zwischenzeit ging die Geldentwertung mit Riesenschritten vorwärts. Seit einigen Tagen sind die Kurse wohl wieder bedeutend abgeflaut. Während der Dollar vorige Woche auf 48 000 stand, ist er heute auf 20 000 herunter gesaust und damit ist auch gleichzeitig gesagt, wie schwer es ist, unsere Waren zu kalkulieren. Die schönen Kalkulationstabellen, die Du s. Zt. für O. & C. angefertigt hast, sind daher nicht mehr zu benutzen und es wäre für Dich jetzt eine „schöne“ Arbeit, wenn Du hier wärest und jeden Tag eine solche Tabelle erstellen könntest. Es ist klar, dass bei diesen Schwankungen die Aufstellung einer Bilanz mit sehr grossen Schwierigkeiten verknüpft ist und aus diesem Grunde gibt auch das Reich jetzt neue Richtlinien heraus, weil man Derartiges in Deutschland noch nicht erlebt hatte. Aber das steht fest, wie diese auch ausfallen werden, jedermann wird Verluste haben, denn die Substanz wird immer kleiner und von dem, was übrig bleibt, wird der Franzmann einen grossen Teil verlangen. Über die Lage im Ruhr- und im altbesetzten Gebiet darf und will ich Dir nichts schreiben, denn die Zensur wacht mit strengen Blicken, und Du wirst aus den Zeitungen wohl orientiert sein.

Der junge Hünerfauth ist in der Zwischenzeit drüben angekommen, wie ich hörte und es würde mich interessieren zu erfahren, wie er sich anlässt. Herr Franz Jaenisch, der früher Mitteilhaber der Fa. Heinrich Jaenisch war, sagte mir gelegentlich seines letzten Hierseins, dass er sich an Dich wegen seiner patentierten Kupplung gewendet habe. Bezüglich Deines Schwagers Alverdes bin ich der Ansicht, dass ich vorerst nichts tue, bis er sich an mich wendet. Er wird natürlich für die Lebensmittelsendung tatsächlich gut Verwendung haben, denn Offenburg ist ja auch besetzt und Lebensmittel sollen daselbst sehr knapp sein. Deshalb glaube ich für Dich ein gutes Werk getan zu haben, wenn ich auch natürlich diesen französischen Vormarsch nicht ahnen konnte.

Für die gesandten Marken lässt Dir mein Franzel bestens danken. Bezüglich des Andenkens kann ich Deinem Wunsch leider nicht entsprechen. Dein Freund Fröhlich wird wohl ein Geschenk annehmen, aber der Schreiber Fröhlich kann sich nicht dazu verstehen, über Dein Geld zu verfügen. Von Berlin habe ich mir $ 25.- verlangt für die Armen der hiesigen Stadt und werde nach Ankunft solche dem Bürgermeister übergeben und Dir noch berichten. Somit beträgt Dein Berliner Guthaben noch $ 950.-.

Nachdem wir einmal über ein Andenken gesprochen haben, will ich offen sein und Dir sagen, dass mir eine Uhrkette Spaß machen würde, eine sogen. Kavalier-Kette. Ich habe s. Zt. meine goldene Kette zum Goldfond abgeliefert und trage seither mit Stolz eine eiserne Kette. Ich selbst möchte mir tatsächlich keine goldene Kette kaufen, und wenn Du dorten Gelegenheit hast, etwas billiges zu erstehen, will ich es als Zeichen unserer innigen Freundschaft ausnahmsweise annehmen und tragen. Sonst weisst Du ja, bin ich kein Freund von solchen Sachen.

Mit den besten Grüssen an Dich, Bassler und Deine Familie verbleibe ich

in alter Freundschaft Dein
A. Fröhlich

22

México, 23. Januar 1923

Mein lieber Freund Fröhlich!

Ich empfing nacheinander Deine l. Zeilen vom 22. Nov., 12. und 30. Dezember und die Abrechnungen über die Lebensmittelsendungen. Von meinem Bruder etc. habe ich schon Nachricht, wie prachtvoll die Sendungen ausfielen und ich danke Dir vielmals für alle Mühe, die Du damit gehabt hast. Ich ahnte allerdings nicht, dass Du so reichhaltig sortieren lassen würdest, sondern meinte nur für jede Sendung etwas Kaffée, Zucker, Bohnen etc.

Nur von Alverdes/Offenburg hörte ich bislang noch nichts und da sie es verlangt haben, so sind diese Leutchen wohl der Ansicht, dass das ihr gutes Recht ist. Mit Alverdes habe ich schon manche Enttäuschung erlebt, und er hat mich schon ein nettes Stück Geld gekostet. Deshalb wünsche ich eigentlich keine Unterstützung mehr in dieser Form zu geben. Ich wollte, dass er ein Geschäft habe, wo er arbeiten muss mit seiner Familie. Denn die Form, einfach sich etwas kommen zu lassen, conveniert mir nicht. Sei so gut und gebe ihm das zu verstehen, dass Du nur mehr für ein richtiges Geschäft etwas geben könntest. Wenn Du ihm aber eine passende Stellung besorgen kannst, so wäre ich Dir sehr dankbar dafür.

Meine Tante aus Weiden schrieb mir ganz enthusiasmiert, wie wunderbar fein die Lebensmittelsendung war und aus den Fakturen ersehe ich, wie Du das Sortiment von O & C ausgedehnt hast.

Es muss dorten jetzt sehr schwer sein und ein kleines Bild davon kann ich mir ja machen, denn wir haben ja hier auch Papierzeiten durchgemacht, wo einem alle Werte unter den Fingern zerfliessen. Du sollst einmal sehen, wenn da mal eine Basis gefunden wird für eine neue Währung oder Stabilisierung der alten. Was hat man da an der Bilanz herumzuflicken. Ich legte mir damals ein Specialconto für die Verluste und eines für die neuen Gewinne, letztere in Gold, an. Wir hatten schliesslich auf dem Verlustconto ca. 2 Drittel unseres Kapitals stehen. Allerdings habe ich durch die jahrelange Arbeit die Geschichte wieder wettgemacht. Aber es ist eine schreckliche Geschichte.

Was eine Unterstützung für die Armen von Lautern angeht, so bitte ich Dich, Dir von Berlin extra 25 Dollar kommen zu lassen und sie im angegebenen Sinne zu verwenden.

Bassler werde ich Deine Nachricht ausrichten. Er ist scheints sehr schreibfaul.

Anbei sende ich Dir einige Marken für Deinen Kronprinzen.

Mit Deiner Bemerkung wegen eines Andenkens hast Du mir einen Wunsch, den ich schon hatte, vorweggenommen, nur weiss ich leider nicht, was Du gerne hättest. Ich halte es daher für am besten, wenn Du mir den Gefallen tust, Dir etwas Passendes auszuwählen und es mir in Rechnung zu stellen. Überreiche es dann meinem alten Freund Fröhlich und drücke ihm dabei meine Erkenntlichkeit aus für alle seine Freundlichkeit, mit der er meine Belästigungen hinnimmt und sie so tadellos ausführt. Letzteres bin ich ja von seiner Präcision gewohnt.

Habe nochmals vielen Dank für Alles und sei herzlich gegrüsst von

Deinem alten Freund!
C. Reichert

21

den 18. Jan. 1923

Lieber Freund Karl !

Deine Schwägerin, Frau Ott, hat mir vor 14 Tagen einen Scheck hierhergeschickt in der Höhe von $ 25.-, den ich ihr verkaufen sollte. Ich habe dies getan und M 7500.- für den Dollar bekommen. Das Geld habe ich ihr überwiesen. Nunmehr ist leider in der Zwischenzeit eine derartige Verschlechterung unserer Devisen eingetreten, dass alles zum Himmel schreit. Eben notiert der Dollar über M 24 000.- und es ist recht ärgerlich für Dollar-Empfänger, die daneben gehauen haben. Aber wer konnte in die Zukunft schauen. Wenn Du nunmehr willst, dass ich von Deinem Dollar-Guthaben in Berlin Deiner Schwägerin noch einen weiteren Betrag zur Verfügung stellen soll, so bitte ich um Mitteilung.

Im Uebrigen nehme ich Bezug auf meinen letzten Brief, auf den ich Antwort erwarte. Was bei uns vorgeht, wirst Du durch Telegramme erfahren haben. Man muss mit Schreiben wegen der Censur sehr vorsichtig sein. Europa treibt immer mehr einem großen Chaos entgegen.

A. Fröhlich