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o. D. (1929)

Mein lieber Freund Fröhlich!

Ich empfing Deine l. Zeilen vom 19. August & Karte aus Niesen – Kuhn & bedauerte herzlich die Erkrankung Deiner geschätzten Gattin, die einen so unangenehmen Abbruch Eures Ferienaufent­haltes zur Folge hatte. Ich hoffe, bald von Dir zu hören, wie es ihr geht & sende meine besten Wünsche für eine schnelle Wiedergenesung. Hier in unserem Klima gibt es auch häufig Ge­lenkrheuma & es wird Athophan oder Novathophan dagegen ge­nommen. Die Höhe der Hauptstadt (über 2200 Meter über d. Meer) macht die Sache oft recht schlimm, weil das Herz auf dieser Höhe natürlich sehr in Anspruch genommen wird.

Für Briefe etc. genügt übrigens unsere Postadresse (Apartado 146).

An Frau Herbig habe ich geschrieben & mich bedankt, die Bil­der sind inzwischen wohlbehalten eingetroffen & haben mich sehr gefreut. Ich besaß sehr wenig an Familienbildern, denn was zu Hause war, haben wohl die Geschwister an sich genom­men, & da ich weg war, so ging ich leer aus. Dank der Hilfe mehrerer Freunde & Verwandter habe ich aber nun eine ziemlich gute Sammlung.

Was will eigentlich Dein Franzl studieren? Oder ist diese Frage noch verfrüht? Als man mich in jenem Alter frug, war Astronomie meine stete Antwort. Und dann kam es doch anders & man wurde Heringsbändiger, was ich glücklicherweise noch nie bereut habe.

Mit dem V.V. & dem Pfälzer-Waldverein werde ich nach Deinen Weisungen verfahren. Ich habe dem Pf.W. neulich nochmals M 400 eingesandt, damit auch meine Söhne Franz und Albert Mit­glieder werden. Ihr könnt sie ruhig aufnehmen, denn sie sind beide nicht vorbestraft.

In der Deutschen Handelskammer gibt es jetzt ziemlich zu tun. Ich bin eben dabei, eine Reklamation von 1 1/2 Millionen in Ordnung zu bringen, die der Deutsche Handel vor 14 Jahren dem Präsidenten Huerta auf dessen sehr „dringlichem“ Anfordern a conto einer Staatsanleihe vorschießen mußte. Die nachkommen­den Regierungen erklärten Huerta als „Usurpator“ & erkannten diese Vorschüsse nicht an. Dann arbeite ich an dem Silber­geld, das Gold gegenüber einen ziemlichen Verlust hat. Wir haben hier Goldwährung, aber de facto circuliert nur Silber. Ich habe vor vier Jahren, als das Agio auf 14 % gestiegen war, einmal eingegriffen & es damit auf 2 % gedrückt. Jetzt ist es ziemlich stabil auf 3 1/2 %. Es ist eine sehr interes­sante Sache, gehört unter die uns beiden so geläufige Rubrik der „schönen Arbeiten“.

Wegen des jungen W. habe ich s. Z. einen Brief seines Vaters erhalten, worin er mich bat, nicht nach Lautern zu schreiben. Ich bin diesem Wunsch natürlich nachgekommen & kann Dir daher keine Details geben. Du kannst Dir ja ohnehin schon so ein Bild machen, nach dem, was Dir Herr W. Senior sagte.

Mein ältester Filius ist aus China zurück. Er wollte sich in den U.S.A. im Farm-Geschäft betätigen, fand aber ein Haar darin. Er frug dann an, ob ich ihn auf unserer Zucker-Pflan­zung beschäftigen könnte, was ich ihm zusagte. Als er dann ankam, wurde ein Lagerposten bei uns frei, um den er sich be­warb. Hoffentlich hält er bei der Stange. Es ist mir so lie­ber, denn die Zuckerpflanzung liegt im heißen Klima an der Küste von Veracruz & man bekommt leicht Malaria.

Ist L. Stephany, der als Vorsitzender des Pfälzer-Waldver­eins zeichnet, eigentlich derselbe, der zu unseren Zeiten Stift bei O & C war? Dann bist Du so freundlich, ihn von mir zu grüßen.

Was ist sonst aus alle den „Damaligen“ geworden?

Für heute schließe ich: nochmals meine besten Wünsche für Deine Gattin & herzliche Grüße von

Deinem getreuen
C. Reichert

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